Außenputze im Wandel der Zeit
Das Verputzen von Außenwänden ist eine handwerkliche Tätigkeit, die sich seit Jahrhunderten aus den Erfahrungen von vorhandenen Wandbaustoffen, Bindemitteln und Zuschlagstoffen entwickelt hat. Erst vor etwa 100 Jahren, als man vom massiven Mauerwerk aus kleinformatigen Mauersteinen, die im Läufer/Binder-Verband errichtet worden waren, zu Mauern aus großformatigen Leichtbeton-Blocksteinen übergegangen war und vermehrt Putzschäden aufgetreten sind, hat man mit Überlegungen und klärenden Untersuchungen hierüber begonnen. Als Erstes wurden in den 1940er Jahren Erhebungen über die üblichen Vorgehensweisen beim Verputzen in den einzelnen Landesteilen vorgenommen (Putzaufbau, Bindemittel, Sieblinien der Sande). Das war der erste Schritt einer beginnenden Putzforschung. Das Ergebnis wurde 1950 unter dem Titel »Außenputz für Massivwände« veröffentlicht (Autor F. Kaufmann, Bauverlag Wiesbaden). In den daraus abgeleiteten Richtlinien heißt es: »Beim Auftragen des Oberputzes muss der Unterputz rau und noch genügend feucht sein. Der Oberputz darf nicht fester als der Unterputz sein«. Diese Forderung führte in der anschließend (1955) herausgegebenen Putznorm, DIN 18550, zu der Formulierung: »Grundsätzlich gilt die Regel, dass der Unterputz mindestens so fest sein muss wie der Oberputz«. In der 30 Jahre später (1985) herausgegebenen Normfassung DIN 18550-2 heißt es: »Die Festigkeit des Oberputzes soll im Allgemeinen geringer als die Festigkeit des Unterputzes sein oder beide Putzlagen gleich fest«. Außerdem wurde ergänzt: »Bei der Festigkeitsabstufung zwischen dem Putzgrund und dem Unterputz ist diese Regel sinngemäß anzuwenden«. Diese aus den handwerklichen Erfahrungen mit Massivmauerwerk abgeleitete Putzregel (Kurzbezeichnung »weich auf hart«) wird von Mörtelherstellern bis heute ernst befolgt und Putze mit davon abweichenden Eigenschaften werden bei Bewährung als »Ausnahmen« zugelassen. Inzwischen haben sich aber die Gesichtspunkte für wichtige Eigenschaften von Außenwandkonstruktionen geändert: Nicht mehr Tragfähigkeit und Stabilität stehen im Vordergrund, sondern die Wärmedämmung. Das erfordert leichte, großformatige Mauersteine mit hoher Wärmedämmung und möglichst geringem Fugenanteil zur Minimierung der Wärmebrückenwirkung. Dadurch sind die Wände in gewisser Hinsicht »instabiler« geworden und mögliche Formänderungen müssen durch den Außenputz ausgeglichen werden; der Putz muss eine »entkoppelnde« Wirkung haben, um Risse zu vermeiden. Neue Putzsysteme wurden entwickelt mit speziellen Funktionseigenschaften, bei denen wiederum andere Gesichtspunkte vorrangig sind. Diese Entwicklung wird in der Veröffentlichung »Wandlungen in den Anforderungen und der Ausführung von Außenputzen« [1] geschildert.